Bio-Teilbetrieb
Warum unsere Heidelbeeren nicht BIO-zertifiziert sind, der Rest des Betriebes aber schon.
Ab dem Erntejahr 2024 sind unsere Heidelbeerfrüchte nicht mehr BIO-zertifiziert. Der Grund ist ein seit 2002 in Europa auftretender Schadpilz, der bei ungünstigen Bedingung immer wieder zu Schäden der Heidelbeerpflanzen und nahezu Totalausfällen der Ernte führt. Wir haben über viele Jahre mit viel Aufwand versucht, den Pilz durch Sortenumstellungen, den Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln sowie diversen Kulturtechniken in den Griff zu bekommen. Letztendlich mussten wir uns eingestehen, dass die biologische Produktion von Heidelbeeren unter den gegebenen Voraussetzungen auf unserem Betrieb nicht möglich ist. Das Glück im Unglück ist, dass die Pilzinfektion durch Austriebsspritzungen im März/April verhindert werden kann. Die dafür notwendigen Mittel sind im Bio-Anbau allerdings nicht zugelassen.
Der Schadpilz
Die Krankheit (Monilia-Triebwelke, mummy-berry disease) wird durch den Pilz Monilia vaccinii-corymbosi hervorgerufen. Der Pilz überwintert am Boden in Form mumifizierter Heidelbeerfrüchte („mummy berries“). Aus diesen entwickeln sich im Frühjahr dunkle, trompeten- bis schüsselförmige Fruchtkörper, in denen die sogenannten Askosporen gebildet werden. Die Sporen infizieren ausschließlich die ganz jungen Austriebe der Heidelbeerpflanze (Primärinfektion). Dies kann durch Austriebsspritzungen im März/April verhindert werden. Ansonsten beginnen infizierte Triebe zu welken und verbräunen. Auf solchen Trieben bilden sich massenhaft Konidiosporen, die durch bestäubende Insekten auf die Blütennarbe transportiert werden (Sekundärinfektion). Der Pilz wächst von dort durch den Stempel in den Fruchtknoten. Infizierte Früchte bleiben vorerst äußerlich ohne Symptome. Kurz vor der Beerenreife färben sie sich rosarot, schrumpfen und fallen noch in der Plantage bei leichter Erschütterung als „mummy berries“ vom Strauch. Normal heranreifende Beeren sind nicht infiziert und können vorbehaltlos gegessen werden.
Video: Infizierte Beeren rieseln bei leichter Berührung vom Strauch. Im schlimmsten Fall sind fast alle Beeren einer Traube betroffen. Ein Befall wird erst unmittelbar vor dem Blaufärben sichtbar.
Das Problem
Die professionelle Kultivierung von Beerenobst nach biologischen Richtlinien funktioniert nur unter besten Rahmenbedingungen. Ein entscheidender Faktor ist dabei auch ein optimaler Standort, den wir nicht beliebig beeinflussen können, denn unsere Plantage liegt topografisch in einer feuchten und windstillen Senke. Das lieben zwar die Heidelbeersträucher, allerdings fördert dies auch die Ausbreitung von Pilzkrankheiten. Hinzu kommt, dass die für den Bioanbau zugelassenen Pflanzenschutzmittel in der Regel nur bei schwachem Infektionsdruck ausreichend Schutz bieten. Neue Bio-Heidelbeerplantagen werden deshalb heutzutage nur an optimalen Standorten und mit widerstandsfähigen Sorten errichtet, während bestehende Betriebe versuchen müssen, mit der Pilzkrankheit klar zu kommen.
Unser Dilemma
Einerseits möchten wir unseren gesamten Familienbetrieb aus Überzeugung nach den strengen biologischen Richtlinien bewirtschaften. Andererseits brauchen wir aber auch eine gewisse Ertragssicherheit, um den Fortbestand des Betriebes gewährleisten zu können. Diese Sicherheit ist durch Ernteausfälle von bis zu 80 % nicht ausreichend gegeben.
Unsere Strategie
Um die Infektion mit dem Schadpilz zu verhindern, müssen wir während des Austriebs der Heidelbeeren im März/April – also lange vor Erntebeginn Ende Juni – und nur bei Infektionsgefahr, konventionelle Pflanzenschutzmittel einsetzen. Wir denken, dass dieser Eingriff vertretbar ist, wenn dadurch die Ertragssicherheit gewährleistet werden kann und die restliche Kulturpraxis, von der Düngung bis zur mechanischen Unkrautbekämpfung, weiterhin nach den strengen Bio-Richtlinien erfolgt. Diese „Ausnahme“ betrifft nur die Heidelbeere, der restliche Betrieb – also die Haskap, Mispeln und Felsenbirnen – sind natürlich auch weiterhin bio-zertifiziert.
Es ist uns wichtig, unsere Entscheidungsfindung für Sie transparent darzustellen. Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie uns gerne kontaktieren. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich trotzdem für unsere qualitativ hochwertigen Produkte entscheiden. Sie haben damit auch die Gewissheit, dass Sie mit Ihrem Einkauf einen heimischen Familienbetrieb unterstützen.
Vielen Dank!
Ruth & Christian